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Wallfahrtskirche St. Ottilien, Freiburg-Waldsee
In der Brunnenstube der Wallfahrtskirche St. Ottilien
Auf einer Waldlichtung am oberen Ende des Musbachtals südlich des Roßkopf (737m) liegt auf rund 480m Höhe eines der ältesten Wallfahrtsziele Deutschlands [Wikipedia]: die Wallfahrtskirche St. Ottilien, ein Wohnhaus und eine Gastwirtschaft. In der Brunnenstube unterhalb des Kirchenraums sprudelt eine Quelle, deren radonhaltiges Wasser Linderung bei Augenleiden zugesprochen wird.
Zu erreichen ist die Waldlichtung zu Fuß vom Kanonenplatz des Freiburger Schlossplatzes aus oder auf kurzen Weg mit steilerem Anstieg über den Stationenweg von der Kartäuserstraße aus. Von der Kartäuserstraße aus ist St. Ottilien auch mit dem Auto auf der asphaltierten Ottilienstraße zu erreichen.
Die Wallfahrtskirche ist der heiligen Ottilie oder Odilia geweiht, der bekanntesten Heiligen im Elsass. Einer Legende zufolge floh sie vor ihrem Vater, überquerte den Rhein und konnte sich vor den herannahenden Verfolgern in einem Felsen im Musbachtal verstecken, der sich vor ihr öffnete. Aus diesem Felsen sprudelte ab diesem Moment eine Quelle, die Augenleiden heilt.
Kartenausschnitt von OpenTopMap zur Lage von St. Ottilien;
Zugriff im September 2025
Kartenausschnitt mit Lage der Gebäude von St. Ottilien, entnommen OpenStreetMap, Zugriff im September 2025
Südansicht der Wallfahrtskirche St. Otillien von 2009 (oben rechts) sowie Innenansicht mit Blick auf den Chroraum von 2009 (unten), entnommen "Wikipedia – Die freie Enzyklopadie", Zugriff im September 2025
Die Wallfahrtskirche ist ein schlichter Bau, ausgerichtet in Ost-West-Richtung, mit einem hohem Walmdach, auf dem ein Dachreiter sitzt. Der Bau umschließt einen Chorraum auf der Ostenseite und ein zweigeteiltes Langhaus. Der Chorraum und die östliche Hälfte des Langhauses, der heutige eigentliche Kirchenraum stammen von 1503, der westliche Teil des Schiffs mit dem Eingangsbereich und die Brunnenkapelle wurde 1714 unter einem gemeinsamen Dach hinzugebaut.
Im Dachreiter hängt in einem Holz-Glocken-stuhl eine 58 kg schwere Bronze-Glocke, die ausschließlich von Hand zu läuten ist. Mehr dazu: siehe unter Glockeninspektion Erzbistum Freiburg – Video „Das Läuten der Glocke von Hand“, Glockengeläut. Zugriff im September 2025
Der Kirchenraum ist durch ein im gotischen Stil gehaltenes Gitter vom Eingangsbereich und der Brunnenkapelle abgetrennt. Es wurde 1896 vom Schlosser August Bockenheimer nach einem Entwurf von Max Meckel geschmiedet und stand ursprünglich vor dem Chorraum.
Im Kircheninnenraum
Die Kirche wird von der südlichen Längsseite aus betreten. Man kommt in den Vorraum des Kirchenschiffs, der rechterhand durch ein Gitter vom eigentlichen Kirchenraum mit Bestuhlung getrennt wird. Das Gitter ist nur bei Andachten und Gottesdiensten geöffnet. Hinter der Wand, linkerhand des Vorraums, befindet sich die Brunnenkapelle. Sie betritt man durch eine kleine Pforte hinten an der Wand.
Dem Eingang gegenüber steht eine farbige Steinskulptur der hl. Ottilie
(*um 660, †720) geschaffen 1666, vermutlich gefertigt vom Schnitzer der Altarplastiken. Der Krummstab, den sie in der linken Hand hält, weist sie als Äbtissin aus; der Kelch mit Buch und den zwei Augen weist darauf hin, dass sie blind geboren wurde.
Die Kanzelbrüstung
In den vier Feldern der Kanzel-brüstung sind kleine Statuen der vier Evangelisten zu sehen.
Geschaffen wurden sie vom Freiburger Künstler Franz Xaver Hauser (1712-1772). (Die Figur von Johannes wurde 1963 gestohlen)
Die Fresken im Hintergrund sind Teil der Wandbemalung auf der linken Seite des Chorbogens.
Fresken an der linken Seite des Chorbogens
Bei der Kirchenrenovierung 1966/67 wurden Wandbemalungen von Anfang des 16. Jahrhunderts aufgedeckt.
Das Foto rechts zeigt eine der Fresken, ein Feld mit drei Frauen auf dem linken Chorbogen-Rand. Durch ihre Attribute sind die Frauen als die Heiligen Katharina, Lucia und Barbara zu erkenne: die hl. Katharina mit Schwert, Rad und Märtyrerzweig, links, die hl. Lucia mit Schwert, in der Mitte, sowie die hl. Barbara mit Kelch und Hostie, rechts.
Reliquienbüste der hl. Ottilie
Auf einem Sockel vor dem linken Chorbogen steht die ausdrucks-starke Holzskulptur der hl. Ottilie, eine Arbeit des Freiburger Bildhauers Johann Wolfgang Hackh aus dem Jahr 1669.
Der Hochaltar im Chorraum wurde in den Jahren 1663/64 angefertigt.
„Franz Glückh aus Freiburg lieferte die Schreinerarbeiten. Die Tafelbilder schuf der Freiburger Maler Matthias Schwöri. Der Schnitzer der Figuren ist nicht bekannt. Die dargestellten Heiligen lassen sich auf Grund der überlieferten Weihurkunden bestimmen.“ [Franz Nowacki]
Im Hauptbild des Hochaltars sind die hl. Lucia, die hl. Ottilie und der hl. Jodokus dargestellt, im Oberbild der hl. Maternus.
Ausschnitte der Tafelbilder:
links: Hintergrund-Landschaft des Hochaltar-Hauptbilds,
rechts: Oberbild mit dem
hl. Maternus.
Brunnenstube
Der Vorraum des Kirchenschiffs ist auf der Seite zum Kirchen-raum durch ein geschlossenes Gitter begrenzt. Hinter der gegenüberliegenden, ehemaligen Außenwand befindet sich die Brunnenkapelle. Durch eine Tür im hinteren Teil der Wand kommt man hinein und steigt eine lange Treppe hinunter zur Grotte der hl. Ottilie.
Die Brunnenfassung ist in eine künstliche Felsenlandschaft eingepasst. Auf halber Höhe, über der Brunnenpforte, zeigt eine Skulptur die hl. Ottilie im Gebet vor dem Gekreuzigten, vor ihr Sack und Hut. Einer Legende nach befand sie sich auf der Flucht vor ihrem Vater und ruhte vor dem Felsen aus, der ihr wunderbarer Weise zum Versteck vor ihrem Vater werden konnte. Geschaffen wurde Skulpturengruppe 1780 von Franz Xaver Hauser [Franz Nowacki, Seite 12].
Foto links: Detail der Skulpturen-gruppe.
Foto rechts: unterer Teil des Fensters – St. Ottilie als Äbtissin
Anlässlich der Restaurierung 2016/17 erhielt die Brunnenkapelle ein farbenprächtiges Fenster mit Motiven aus der Legende der Kirchenpatronin. Sie stammen aus der Hand des früheren in Freiburg wohnhaften Malers Edzard Seeger [Franz Nowacki, Seite 12].
Historisches zum Kirchenbau [Peter Kalchthaler]
Die Ursprünge der Wallfahrten und einer Kapelle im Musbachtal sind nicht genau bekannt, Angaben dazu schwanken zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert.
1505Weihe des heutigen Kirchenbaus, eine Stiftung des Obristenzunft-
meisters Peter Sprung und seiner Frau Elisabeth Zehendrin
1648Die Kapelle wird nach mehrfachen Plünderungen und Verwüstungen
durch die Schweden während des 30-jährigen Kriegs 1648 wieder
in Stand gesetzt.
1663/64Der noch vorhandene barocke Altaraufbau wird angeschafft.
1714Wiederherstellung und Vergrößerung der Kirche, nach Schäden bei
der Belagerung Freiburgs durch die Franzosen 1713.
Die Ottilienquelle wird in das Bauwerk integriert.
1728Stuckdecken und Deckenfresken bereichern die Innenausstattung.
1780Anschaffung der Kanzel
1788Die durch ein kaiserliches Dekret von Kaiser Josef II 1783 verordnete
Schließung und Aufhebung der Wallfahrten (1788) konnte nach
Widerstand der Freiburger Bürgerschaft abgewendet werden,
ein diesbezüglicher Bescheid kam 1791 aus Wien.
1807Nochmals Abwendung der Aufhebung der Wallfahrt,
nun angeordnet durch die badische Regierung, Karlsruhe.
2016/17Umfassende Restaurierung von Dach, Mauerwerk, Optimierung
der Heizung, Installation einer automatischen Lüftung über
die Fenster, Einbau einer neue Orgel. Abschlussfeier mit Führung durch die Kirche nach einem
Gottesdienstfeier am 10. Dezember 2017. [Beate Kierey]
Links und Literatur
September 2025