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Wallfahrtskirche St. Ottilien, Freiburg-Waldsee
Auf einer Waldlichtung am oberen Ende des Musbachtals südlich des Roßkopf (737m) liegt auf rund 480m Höhe eines der ältesten Wallfahrtsziele Deutschlands [Wikipedia]: die Wallfahrtskirche St. Ottilien, ein Wohnhaus und eine Gastwirtschaft. In der Brunnenstube unterhalb des Kirchenraums sprudelt eine Quelle, deren radonhaltiges Wasser Linderung bei Augenleiden zugesprochen wird.
Zu erreichen ist die Waldlichtung zu Fuß vom Kanonenplatz des Freiburger Schlossplatzes aus oder auf kurzen Weg mit steilerem Anstieg über den Stationenweg von der Kartäuserstraße aus. Von der Kartäuserstraße aus ist St. Ottilien auch mit dem Auto auf der asphaltierten Ottilienstraße zu erreichen.
Die Wallfahrtskirche ist der heiligen Ottilie oder Odilia geweiht, der bekanntesten Heiligen im Elsass. Einer Legende zufolge floh sie vor ihrem Vater, überquerte den Rhein und konnte sich vor den herannahenden Verfolgern in einem Felsen im Musbachtal verstecken, der sich vor ihr öffnete. Aus diesem Felsen sprudelte ab diesem Moment eine Quelle, die Augenleiden heilt.
Kartenausschnitt von OpenTopMap zur Lage von St. Ottilien;
Zugriff im April 2022
Kartenausschnitt mit Lage der Gebäude von St. Ottilien, entnommen OpenStreetMap, Zugriff im April 2022
Südansicht der Wallfahrtskirche St. Otillien von 2009 (oben rechts) sowie Innenansicht mit Blick auf den Chroraum von 2009 (unten), entnommen "Wikipedia – Die freie Enzyklopadie", Zugriff im April 2022
Die Wallfahrtskirche ist ein schlichter Bau, ausgerichtet in Ost-West-Richtung, mit einem hohem Walmdach, auf dem ein Dachreiter sitzt. Der Bau umschließt einen Chorraum auf der Ostenseite und ein zweigeteiltes Langhaus. Der Chorraum und die östliche Hälfte des Langhauses, der heutige eigentliche Kirchenraum stammen von 1503, der westliche Teil des Schiffs mit dem Eingangsbereich und die Brunnenkapelle wurde 1714 unter einem gemeinsamen Dach hinzugebaut.
Im Dachreiter hängt in einem Holz-Glocken-stuhl eine 58 kg schwere Bronze-Glocke, die ausschließlich von Hand zu läuten ist. Mehr dazu: siehe unter Glockeninspektion Erzbistum Freiburg – Video „Das Läuten der Glocke von Hand“, Glockengeläut. Zugriff im April 2022
Der Kirchenraum ist durch ein im gotischen Stil gehaltenes Gitter vom Eingangsbereich und der Brunnenkapelle abgetrennt. Es wurde 1896 vom Schlosser August Bockenheimer nach einem Entwurf von Max Meckel geschmiedet und stand ursprünglich vor dem Chorraum.
Im Kircheninnenraum
Die Kirche wird von der südlichen Längsseite aus betreten. Man kommt in den Vorraum des Kirchenschiffs, der rechterhand durch ein Gitter vom eigentlichen Kirchenraum mit Bestuhlung getrennt wird. Das Gitter ist nur bei Andachten und Gottesdiensten geöffnet. Hinter der Wand, linkerhand des Vorraums, befindet sich die Brunnenkapelle. Sie betritt man durch eine kleine Pforte hinten an der Wand.
Dem Eingang gegenüber steht eine farbige Steinskulptur der hl. Ottilie
(*um 660, †720) geschaffen 1666, vermutlich gefertigt vom Schnitzer der Altarplastiken. Der Krummstab, den sie in der linken Hand hält, weist sie als Äbtissinnen aus; der Kelch mit Buch und den zwei Augen weist darauf hin, dass sie blind geboren wurde.
Die Kanzelbrüstung
In den vier Feldern der Kanzelbrüstung sind kleine Statuen der vier Evangelisten zu sehen. Geschaffen wurden sie vom Freiburger Künstler Franz Xaver Hauser (1712-1772). (Die Figur von Johannes wurde 1963 gestohlen)
Die Fresken im Hintergrund sind Teil der Wandbemalung auf der linken Seite des Chorbogens.
Fresken an der linken Seite des Chorbogens
Bei der Kirchenrenovierung 1966/67 wurden Wandbemalungen von Anfang des 16. Jahrhunderts aufgedeckt.
Das Foto rechts zeigt eine der Fresken, ein Feld mit drei Frauen, über dem Nischenbogen auf dem linken Chorbogen. Durch ihre Attribute sind die Frauen als die Heiligen Katharina, Lucia und Barbara zu erkenne: die hl. Katharina mit Schwert, Rad und Märtyrerzweig, links, die hl. Lucia mit Schwert, in der Mitte, sowie die hl. Barbara mit Kelch und Hostie, rechts.
Reliquienbüste der hl. Ottilie
Auf einem Sockel vor dem linken Chorbogen steht die ausdrucks-starke Holzskulptur der hl. Ottilie, eine Arbeit des Freiburger Bildhauers Johann Wolfgang Hackh aus dem Jahr1669.
Der Hochaltar im Chorraum wurde in den Jahren 1663/64 angefertigt.
„Franz Glückh aus Freiburg lieferte die Schreinerarbeiten. Die Tafelbilder schuf der Freiburger Maler Matthias Schwöri. Der Schnitzer der Figuren ist nicht bekannt. Die dargestellten Heiligen lassen sich auf Grund der überlieferten Weihurkunden bestimmen:“ [Franz Nowacki]
Im Hauptbild des Hochaltars sind die hl. Lucia, die hl. Ottilie und der hl. Jodokus dargestellt, im Oberbild der hl. Maternus.
Historisches zum Kirchenbau [Peter Kalchthaler]
Die Ursprünge der Wallfahrten und einer Kapelle im Musbachtal sind nicht genau bekannt, Angaben dazu schwanken zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert.
1505Weihe des heutigen Kirchenbaus, eine Stiftung des Obristenzunftmeisters Peter Sprung und
seiner Frau Elisabeth Zehendrin
1648Die Kapelle wird nach mehrfachen Plünderungen und Verwüstungen durch die Schweden während
des 30-jährigen Kriegs 1648 wieder in Stand gesetzt.
1663/64Der noch vorhandene barocke Altaraufbau wird angeschafft.
1714Wiederherstellung und Vergrößerung der Kirche, nach Schäden bei der Belagerung Freiburgs
durch die Franzosen 1713. Die Ottilienquelle wird in das Bauwerk integriert.
1728Stuckdecken und Deckenfresken bereichern die Innenausstattung.
1780Anschaffung der Kanzel
1788Die durch ein kaiserliches Dekret von Kaiser Josef II 1783 verordnete Schließung und Aufhebung
der Wallfahrten (1788) konnte nach Widerstand der Freiburger Bürgerschaft abgewendet werden,
ein diesbezüglicher Bescheid kam 1791 aus Wien.
1807Nochmals Abwendung der Aufhebung der Wallfahrt, nun angeordnet durch die badische
Regierung, Karlsruhe.
2016/17Umfassende Restaurierung von Dach, Mauerwerk, Optimierung der Heizung, Installation einer
automatischen Lüftung über die Fenster, Einbau einer neue Orgel. Abschlussfeier mit Führung
durch die Kirche nach einem Gottesdienstfeier am 10. Dezember 2017. [Beate Kierey]
Siehe auch: Projektbeschreibung des Erzbischöflichen Bauamts Freiburg
Links und Literatur
März 2022