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Gassenbauernhofmühle - Zastlertal
Die Gassenbauernhofmühle, eine Getreidemühle aus dem 18. Jahrhundert, liegt im Zastlertal (Oberried) rund 4 km vom Taleingang entfernt auf der Nordseite des Tales. Der namensgebende Gassenbauernhof (Talstraße 26), zu dem die Mühle früher gehörte, liegt auf der gegenüberliegenden, südlichen Talseite.
Lage der Mühle – Ausschnitt einer
OpenStreetMap-Karte
Die Mühle gehört seit 2011 der Gemeinde Oberried und wird vom Bürgerverein Zastler e.V. betreut. Dieser sanierte die Mühle zwischen 2011 und 2014. Seit Pfingsten 2014 ist sie wieder voll funktionsfähig. Zu erleben ist dies bei den Führungen, die der Bürgerverein Zastler anbietet. Führungen finden in den Sommermonaten monatlich einmal, jeweils am 1. Freitag des Monats, statt. Angekündigt werden sie in der Presse und im Amtsblatt der Gemeinde Oberried (PDF-Datei auf der Homepage der Gemeinde Oberried). Führungen außerhalb dieser Zeit können mit Theo Hirschbihl, 07661-989 230, vereinbart werden.
Westseite der Mühle mit Eingang
Nordseite der Mühle mit Wasserkähner und Wasserrad
Rückseite der Mühle mit dem vom Hang kommenden Wasserkähner
Das Mühlengebäude steht auf einer großflächigen Wiese nördlich vom Zastlerbach vor dem Wald seines Talnordhangs unterhalb des Scheibenfelsen. Talabwärts und talaufwärts nahe der Mühle befinden sich zwei Feuchtbiotope, die während der Sanierungsphase der Mühle angelegt wurden. Gespeist werden sie vom Wasser, welches auch das Mühlrad antreibt.
Das Wasser zum Antreiben der Mühle kommt vom Zastlerbach. Es wird talaufwärts auf der Höhe des Gemshäusle vom Bach abgezweigt und über einen künstlichen Kanal im Wald entlang des nördlichen Talrandes zur Mühle geleitet. Vom Talrand führt ein hölzernen Kähner (alemannisch für Rinne) das Wasser zum Mühlrad.
Foto links:Staustufe und Stellfalle des Zastlerbachs auf der Höhe des Gemshäusle. Bei geöffneter Stellfalle fließt
Zastlerbach-Wasser durch den künstlichen Kanal zur Gassenbauernhofmühle.
Foto in der Mitte:Eine Engstelle des Kanals, gesehen gegen die Fließrichtung.
Foto rechts:Ruhiger, gleichmäßiger Wasserverlauf entlang des Waldrands, gesehen gegen die Fließrichtung.
Fotos links: Abzweigung der Wasser-zuführung zum oberen Feuchtbiotop östlich der Mühle.
Foto rechts: Nach einem scharfen Links-knick des Kanals fließt sein Wasser über einen Holzkähner der Mühle zu.
Der Kähner wurde in der Sanierungsphase ganz neu errichtet, der ursprüngliche war vollkommen zerfallen.
Das Mühlengebäude steht – in Nordsüd-Richtung – am Nordrand des Zastlertals.
An seiner Nordseite befindet sich außen unter dem überstehenden Dach das große sechsspeichige Wasserrad mit einem Durchmesser von rund 5 m. Der Wasser strömt über den Kähner, vom nördlichen Talhang kommend, durch das Dach von oben auf das Rad: oberschlächtiges Wasserrad.
Ist die Mühle nicht in Betrieb führt der Kähner – unter dem Dach in Metall ausgeführt – das Wasser über das Mühlrad hinaus. Zum Betrieb wird ein Zwischenstück des Kähners über dem Wasserrad nach unten geöffnet. Das Gewicht des Wasser, das dann in die Tröge des Rades fällt, zusammen mit seiner Bewegungsenergie versetzt das Wasserrad in gleichmäßige Drehbewegung. Die Achse des Wasserrads, der Wellbaum, überträgt seine Bewegung und Kraft ins Innere der Mühle.
Foto links:Achse des Wasserrads (Wellbaum): Sie bewegt sich seit der Sanierung reibungsarm in einem Kugellager.
Dieses befindet sich im Kasten, der links auf dem Foto zu sehen ist.
Foto in der Mitte:Tröge des Wasserrads. Das Wasser schießt über das Rad hinweg: Die Mühle ist nicht in Betrieb.
Foto rechts:Zwischenstück des Kähners ist nach unten geneigt: Das Wasser trifft das Wasserrad und hält es in
Bewegung.
Südfassade der Mühle
Der Zugang zum Mühleninneren mit einer bei der Sanierung neu angelegten Außentreppe befindet sich auf der Westseite des Gebäudes. Im Inneren, links vom Eingang, ist der große Mühlenraum, der Raum indem sich das Mahlwerk, sein Antrieb sowie der Mehlkasten auf drei verschiedenen Ebenen befinden.
Rechts vom Eingang, durch eine Holzwand vom Mühlenraum getrennt, tritt man durch eine Tür in die Müllerstube. Hierher konnte sich der Müller zurückziehen, wenn die Mühle mit Getreide gefüllt war und ihre Arbeit verrichtete. Durch zwei Fenster an der Südseite, talaufwärts, fällt das Außenlicht in die Stube. An der Außenwand zwischen diesen beiden Fenstern sind drei Solarpanels angebracht, die Strom für die Innenbeleuchtung von Mühlenraum und Stube liefern.
Das über den Kähner aufs Wasserrad strömende Wasser setzt dieses in eine gleichmäßige Drehbewegung. Diese Bewegung wird über den Wellbaum ins Mühleninnere übertragen. Im Mühleninneren wird diese Drehbewegung mit horizontaler Achse über ein großes, hölzernes, auf dem Wellbaum befestigtes Kammrad, dass in die Zähne eines Stockrads mit vertikaler Achse greift, in eine Drehbewegung mit vertikaler Achse umgeleitet. Dieser Antrieb mit Wellbaum, Kammrad und Stockrad befindet sich auf der untersten Ebene des Mühlenraums.
Foto links:Wellbaum im Mühleninneren: rechts das große, hölzerne Kammrad. Jeder der 84 Eichenholzzähne ist
während der Sanierung neu angefertigt worden!
Foto in der Mitte:Detail des Kammrads: Felge mit eingesetzen Eichenholzzähnen.
Foto rechts:Über die Zähne des Kammrads wird seine Bewegung auf das Stockrad mit vertikaler Achse übertragen.
Über diese Achse wird der obere der beiden Mühlsteine bewegt.
Die Achse (11) des Stockrads reicht bis in die oberste Ebene des Mühlenraums, eine Galerie auf der das eigentliche Mahlwerk (Mahlgang) steht.
Das Mahlwerk besteht aus dem Einfülltrichter (1) für die zu mahlenden Getreidekörner, dem Rüttelkasten (2) und den zwei waagrecht übereinander befindlichen Mühlsteinen, dem oberen, dem Läuferstein (7), und dem unterem, dem Bodenstein (8).
Mahlwerk als Prinzipskizze, übernommen von "Wikipedia – Die freie Enzyklopädie", und daneben das reale Mahlwerk auf der Galerie des Mühlraums der Gassenbauernhofmühle.
In "Wikipedia – Die freie Enzyklopädie" – und im anschließenden Text sind die Bezeichnungen der nummerierten Mahlwerkbauteile angegeben.
Der Bodenstein ist unbeweglich, kann aber mittels einer Spindel (12) gehoben und gesenkt werden, um den Spalt zwischen den beiden Mühlsteinen zu vergrößern oder zu verkleinern. Der Läuferstein ist auf der Achse (11) des Stockrads befestigt und wird über diese in kreisende Bewegung versetzt. Durch seine Bewegung wird das Getreide zwischen dem Boden- und dem Läuferstein gemahlen: Die Körner von der Schale befreit – die Kleie – und das Körnerinnere zu Mehl zerrieben.
Der Läuferstein befindet sich versteckt in einer hölzernen, kreisförmigen Zargen. In ihr wird die Kleie und das Mehl gesammelt und über das Mehlrohr in den darunterstehenden Mehlkasten geleitet.
Foto links:Mahlwerk der Getreidemühle, nicht mehr auf dem Foto der untere Mühlstein, der Bodenstein, sowie das
Mehlrohr.
Foto in der Mitte:Die beiden Mühlsteine, unten der unbewegliche Bodenstein, in der Holzzarge darüber der bewegliche
Läuferstein. Beide Steine sind aus Sandstein und wiegen zusammen rund 1.200 kg.
Foto rechts:Detail am Rüttelstuhl: Hemmrad aus Holz für die Welle auf der die Bänder für den Rüttelkasten gewickelt
sind. Der Rüttelkasten befindet sich unter dem Einfülltrichter und hängt an diesen Bändern.
Das in den Einfülltrichter gegeben Getreide wird über den Rüttelkasten (2) auf den Bodenstein (8) verteilt. Die Getreidekörner fließen dazu über eine Schnauze (4) des Rüttelkastens(2), die sich mit dem Kasten hin und her bewegt, in die breite Öffnung der Holzzarge des Läufersteins (7) – siehe nebenstehendes Foto. Deutlich ist auf dem Foto auch die Aufhängung des Rüttelkastens zu sehen.
Bewegt wird der Rüttelkasten ebenfalls über die Achse des Stockrads (5).
Der Mehlkasten steht in der mittleren Ebene des Mühlenraums. Im Mehlkasten befindet sich als zentrales Element eine sechseckige, drehbare Trommel in die das Mehl-Kleie-Gemisch gelangt. Die Trommel ist mit einem siebähnlichen Tuch bespannt.
Bei der Trommeldrehung fällt das Mehl durch ein Tuch in den Mehlkasten. Die in der Trommel verbleibende Kleie gelangt, da die Trommel eine Gefälle hat, zur Frontseite des Mehlkastens und wird dort über den Kleiekotzer – einem geschnitzten Gesicht – durch dessen breites Maul ins Kleietrögle „ausgekotzt“.
Da der ursprüngliche Kleikotzer verschwunden ist, wurde er nach alten Fotografien von Gustav Zähringer neu geschnitzt.
Neben dem hölzernen Kammrad auf dem Wellenbaum im Mühlenraum sitzt direkt an der nördlichen Außenwand des Mühlenraums noch ein großes eisernes Kammrad. Ist ersteres für den Betrieb des Mahlwerks in der Mühle zuständig, diente letzteres früher zum Antrieb von Maschinen im Gassenbauernhof. Dazu überträgt das eiserne Kammrad mittels eines horizontalen Zahnrads, Stockrad, seine Drehbewegung auf eine vertikale Achse, an dessen oberen Ende Zahnräder die Drehbewegung zurück in eine Drehbewegung mit horizontaler Achse übertragen. Auf dieser Achse sitzt ein großes, eisernes Schwungrad mit gerillter Felge. Heutzutage läuft es leer mit.
Foto links und in der Mitte:Wellbaum im Mühleninneren: links ein eisernes Kammrad, das seine Drehbewegung über ein
Stockrad (im mittleren Foto hinter dem Kammrad zu erkennen) an eine Drehbewegung um die vertikale
Achse des Stockrads weitergibt. Auf beiden Fotos das hölzerne Kammrad, das die Drehbewegung für das
Mahlwerk liefert.
Foto rechts:Am Ende der vertikalen Achse ein weiteres Kammrad. Es überträgt die Drehung der vertikalen Achse
wieder in eine horizontale Drehbewegung. Das Zahnrad dazu ist, oberhalb des Kammrads, rechts oben
im Foto zu erkennen.
Früher bewegte das Schwungrad ein Transmissionsseil, dass durch das Dach über das Tal hinweg, Bewegung und Kraft in eine Scheune des Gassenbauernhofs leitete. Dort standen Maschinen zum Dreschen von Getreide und zum Sägen von Brennholz, die über das Transmissionsseil von der Mühle aus betrieben wurden.
Von außen erinnern daran noch heute die beiden Luken auf dem Dach der Mühle. Durch sie führte das Transmissionseil-Paar hinüber zum Gassenbauernhof.
Foto links:
Schwungrad mit gerillter Felge zur Aufnahme eines Transmissionsseiles
Fotos rechts:
Dach der Mühle mit den Luken, durch die das Transmissionsseil geführt wurde.
1770Bau der Mühle gegenüber vom Gassenbauernhof auf der Nordseite des Zastlertals.
1927Der private Gassenbauernhof wird mit seinen Nebengebäuden an den Staat verkauft und wird danach
von der staatliche Forstverwaltung genutzt. Der zum Hof gehörende Stollenbacherhof wird von der
Gemeinde Oberried erworben.
1980Renovierung der Mühle.
2011Die Gemeinde Oberried erwirbt am 30. März 2011 die Mühle des Gassenbauernhofs für einen
symbolischen Euro von der Forstverwaltung des Landes Baden-Württemberg. Der Bürgerverein
Zastler e.V. – gegründet 2010 – betreut die Mühle.
2014Eröffnung der durch den Bürgerverein Zastler e.V. grundsanierten Mühle am Pfingstmontag, dem
jährlichen, deutschlandweiten Mühlentag (9. Juni 2014).
Mai 2024